Geschwister

Geschwister

Stirbt eine Schwester oder ein Bruder, sind die hinterbliebenen Geschwister doppelt betroffen: Je nach Alter und Entwicklungsstand spüren sie ihre eigene Trauer und müssen zudem auch die Trauer der Eltern sowie ihr dadurch verändertes Verhalten erleben.

Ganz gleich wie jung die Kinder noch sind, der Tod eines nahestehenden Menschen ist für sie ein emotional spürbares und auch im Alltag oft folgenschweres Ereignis. Sie nehmen den Tod und die damit verbunden Veränderungen bei sich selbst, ihren Bezugspersonen sowie die zusätzlichen Belastungen im Alltag sensibel wahr.

Ein wichtiger Schritt in der Unterstützung trauernder Kinder ist schon getan, wenn sie mit ihren Gefühlen, in ihrer Trauer und Lebenssituation wahr- und ernst genommen werden. Dazu gehört, sie in möglichst alles miteinzubeziehen, was mit dem vielleicht kranken oder bereits gestorbenen Geschwisterchen zu tun hat.
Manche Eltern oder Großeltern meinen noch immer, Kinder fernzuhalten von solch schweren und schmerzvollen Themen wäre besser, um sie zu schützen. Doch das ist ein Irrtum. Expert*innen sind sich mittlerweile sicher: Kinder können durchaus trauern. Mehr noch, ihre Trauererfahrungen in der Kindheit legen den Grundstein dafür, wie sie in Zukunft mit einem Verlust umgehen.

Anschauen und willkommen heißen

Auch Kinder sollen ihr totes Geschwisterchen sehen dürfen, wenn sie es wollen (manche bestehen sogar darauf). Am besten ist es, wenn die Eltern vorher ihr totes Kind bereits selbst gesehen haben und sie oder eine andere Begleitperson das Geschwisterkind vorbereiten können. Wenn das tote Baby sehr verletzt ausschaut, können auch nur Teile wie z. B. ein Händchen angeschaut werden.

Kinder können auf ihre Weise kompetent mit ihrem toten Geschwisterchen umgehen. Wenn wir Erwachsenen die Situation nicht zu einer schrecklichen, sondern zu einer liebevollen machen, können sie ihren selbstverständlichen, neugierigen und liebevollen Umgang als „große Schwester“ oder „großer Bruder“ leben.

Meist wollen sie das kleine stille Baby genauer anschauen, es vielleicht streicheln oder auf dem Arm halten, ihm etwas mitgeben. Die einen gehen dabei ganz selbständig vor, andere wollen sicherheitshalber nah bei der Mama sein oder auf dem Arm von ihrem Papa. Die Kinder wissen selbst am besten, was gut für sie ist. Es ist wichtig, dass sie in ihrem jeweiligen altersabhängigen Verständnis von Tod und in ihrer Trauer wahrgenommen werden. Auch für sie ist es wichtig, ihre Liebe zu dem Geschwisterchen ausdrücken zu können.

Oft entsteht in dieser Situation ein unerwartetes gegenseitiges Verständnis zwischen Eltern und Kindern. Die Kinder können, vielleicht zum ersten Mal, ihre eigene Größe erleben, ihr Dazugehören auch in schwierigen Momenten.

Wir sind für Sie da:

Astrid Gosch-Hagenkord
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Außerhalb unserer Bürozeiten:
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0173 3779796

Verabschiedung und Trauerfeier

Auch beim Abschied und der Trauerfeier eines Sternenkindes sollten die Geschwister unbedingt mit einbezogen werden, in dem Maß, wie sie es möchten. Sie können z. B. gemeinsam den Sarg bemalen oder überlegen, ob sie ihrem toten Schwester- oder Brüderchen noch etwas mitgeben möchten.

Für die Trauerfeier ist es ratsam, eine vertraute Bezugsperson der Kinder um Unterstützung zu bitten, die sich um das ältere Geschwisterkind/die älteren Geschwisterkinder kümmert. So sind diese gut versorgt und die trauernden Eltern entlastet. Sie können sich ganz auf ihre Trauer und die Bestattung einlassen.

Der weitere Trauerprozess

Auch im weiteren Trauerprozess ist es unsere Aufgabe als Erwachsene, die betroffenen Geschwister gut im Blick zu haben und ihre individuellen Bedürfnisse zu respektieren. Wichtig ist, dass die Eltern und/oder andere vertraute Personen den Geschwisterkindern die nötige Geborgenheit und Sicherheit vermitteln. Die Kleinen müssen sich gut gehalten wissen in ihrer Traurigkeit und ehrliche Antworten auf alle ihre Fragen bekommen. Diese kann auch heißen: „Das weiß ich nicht. Wie stellst du es dir denn vor?“

Hilfreich ist, auch andere Bezugspersonen, wie Erzieher- und Lehrer*innen, Sporttrainer- oder Musiklehrer*innen sowie die Eltern der Freund*innen zu informieren und mit ihnen im Austausch zu bleiben.

Der offene Umgang mit dem Tod in der Familie und gemeinsame Rituale, wie z.B. bei den Mahlzeiten eine Kerze für das verstorbene Geschwisterchen anzuzünden und anschließend zusammen auszublasen, helfen, der Trauer Ausdruck zu verleihen und dem toten Kind einen Platz in der Familie zu geben.

Mehr über kindliche Todesvorstellungen in den verschiedenen Altersstufen findet ihr hier.

Wichtige Aspekte der Kindertrauer

  • Trauernde Kinder brauchen viel Zuwendung und Zuneigung, um mit dem Verlust und den daraus entstanden Konsequenzen zurecht zu kommen.

  • Kinder trauern anders: In einem Moment sind sie traurig, ziehen sich zurück und sind vielleicht sogar verzweifelt, im nächsten sind sie lustig, spielen und lachen (Pfützenspringer).

  • Kindern hilft es, wenn sie die ausdrückliche Erlaubnis von ihren Bezugspersonen bekommen, sich Zeit für schöne Dinge zu nehmen, die ihnen Freude machen.Kinder brauchen die Bestätigung, dass sie keine Schuld am Tod des Geschwisters tragen.

  • Umso wichtiger ist es, ihnen die Situation ehrlich und auf kindgerechte, altersmäßig angemessene Weise zu erklären, auch wenn sie nicht fragen, weil ihnen die Worte fehlen.
  • Kinder wissen gut, was und wie viel sie vertragen. Daher sind kurze Antworten auf ihre Fragen wichtig. Wenn das Kind mehr wissen will, wird es weiter fragen.

  • Nicht alle Kinder stellen von sich aus Fragen. Dann kann die Verwendung von Stellvertretern (z.B. einem Stofftier) oder ein verstecktes Gesprächsangebot („Mir hat jemand von einem anderen Kind erzählt, dessen kleiner Bruder war auch gestorben und bei dem war das so …“) eine Brücke bauen.

  • Mit zunehmendem Alter und fortschreitender Entwicklung werden sie nach und nach verstehen, was Tod bedeutet und sich immer wieder mit dem toten Geschwister auseinandersetzen. Bekommen Kinder auch in folgenden Lebensphasen Zeit, Raum und Ausdrucksmöglichkeiten für ihre Trauer, können sie das Geschehene in ihre Lebensbiografie einordnen.
  • Aggression und Rückzug sind normale Anpassungreaktionen von Kindern auf ein erschütterndes Ereignis, in dem sie erstmals auch die „Großen“ als hilflos erlebt haben.

  • Manche Kinder trauen sich nicht, ihre eigene Trauer vor den Eltern zu zeigen, weil sie diese schützen und nicht noch weiter belasten wollen. Vielleicht gibt es dann andere Gesprächspartner*innen, denen sie sich anvertrauen können.

  • Trauernde Eltern dürfen vor ihren Kindern weinen und ihre Trauer zulassen. Sie dienen den Kindern auch als ein Modell für Trauer (Leuchtturm): Mama ist gerade sehr traurig, Jetzt ist es wieder besser, Ich sorge gut für mich“.

  • Alltagsstrukturen, z. B. bei der täglichen Versorgung, Kindergarten/Schule und Rituale wie das „zu Bett bringen“, sowie feste Bezugspersonen sollen möglichst erhalten bleiben.