Vorbereitet sein

Vorbereitet sein

Was bedeutet der Verlust eines Kindes für die Eltern?

Sie begegnen Patient*innen und deren Angehörigen in einer absoluten Ausnahmesituation. Die Betroffenen müssen begreifen, dass sie Eltern geworden sind, aber ihr Kind tot ist. Sie stehen unter Schock und erfahren gerade einen Sturz ins Bodenlose. Die früh verwaisten Eltern sind sehr sensibel und nur bedingt aufnahme- und handlungsfähig.

Dazu kommt, dass sich die trauernden Eltern selbst in der Rolle befinden, ihren Angehörigen die schlechte Nachricht übermitteln zu müssen.

Wir sind für Sie da:

Astrid Gosch-Hagenkord
089 4808899-32/-0
kontakt@muenchner-sternenkind-netzwerk.de

Außerhalb unserer Bürozeiten:
0173 3779796
Akutbegleiter*innen unseres Primi Passi-Teams

Reflexion der eigenen Erfahrungen

Um Eltern in dieser herausfordernden Situation gut zu begleiten, kann es hilfreich sein, sich über die persönlichen Erfahrungen mit dem Tod im beruflichen und privaten Umfeld Gedanken zu machen:

  • Was hat mich in dieser Hinsicht besonders geprägt?
  • Welche Ängste habe ich diesbezüglich?
  • Was ist meine Einstellung zu diesem Thema?
    Gehört der Tod für mich zum Leben oder sehe ich ihn als medizinisches Versagen an?

Was brauche ich selber, um gut mit belastenden Situationen umgehen zu können?

Unterstützend könnte sein, im Team oder für sich selbst Fragen wie diese zu durchdenken:

  • Erlaube ich mir eigene Emotionen und Tränen?
  • Wo sind meine Grenzen und wer kann im Notfall übernehmen?
  • Was sind meine Kraftquellen und Resilienzstrategien?
  • Helfen mir bestimmte Verhaltensweisen oder kleine Rituale zur Entlastung im Arbeitsalltag? Das könnte z. B. rituelles Händewaschen nach einer herausfordenden Situation sein oder das bewusste Herausgehen aus ihr mit dem Überschreiten der Schwelle.
  • Wo habe ich die Möglichkeit, über die belastende Situation zu sprechen?
    Gibt es in meiner Klinik Möglichkeiten zur Inter- oder Supervision?
    Oder zu einem kurzen Entlastungsgespräch unter Kolleg*innen?

    Habe ich im privaten Umfeld Menschen, mit denen ich darüber sprechen kann?

Überlegungen

  • Wie sind die klinikinternen Abläufe?

  • Gibt es Standards?
    Einen Betreuungsleitfaden oder Checklisten?

  • Wenn ja, sind sie allen Involvierten bekannt?

  • Wo könnten Verbesserungen hilfreich sein?

Abläufe und Strukturen vorbereiten

Klare Abläufe und Zuständigkeiten innerhalb Ihrer Einrichtung können Ihnen im oft turbulenten Klinikalltag den nicht einfachen Umgang mit frisch verwaisten Eltern zusätzlich erleichtern.

Elternmappe/Abschiedsboxen

Bereiten Sie eine Infomappe vor für Eltern, die eine stille Geburt erleben mussten oder erwarten. So erhalten die Betroffenen wichtige Informationen für die nächsten Schritte, wie die Bestattung, und weiterführende Angebote wie Sternenkindfotografen, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen, u.a.
Sicherlich ist es ratsam, diese Mappe von Zeit zu Zeit zu aktualisieren
.

Mützchen, Kleidung oder Einschlagtücher, Moseskörbchen, Stempelkissen für Fuß- und Händeabdruck sowie einige Erinnerungsstücke sollten stets vorbereitet an einem allen bekannten Ort gelagert sein. Sie können für Ihre Klinik auch liebevoll zusammengestellte Abschiedsboxen (u.a. bei Hope’s Angel oder Stilles Wunder) bestellen oder diese selber zusammenstellen.

Schmetterling

Patientenzimmer

Wenn möglich und gewünscht, sollte der Vater oder bei gleichgeschlechtlichen Paaren die weitere Mutter bzw. der/die Partner*in mit aufgenommen werden. Das Zimmer sollte sich möglichst nicht auf der normalen Wochenbettstation befinden und von außen an der Tür mit einem unverfänglichen, für Sie eindeutigen Symbol gekennzeichnet sein. So ist sichergestellt, dass niemand versehentlich „gratuliert“ und alle Mitarbeiter*innen dieses Zimmer achtsam betreten.

Vorbereitung auf die Geburt

  • Sprechen Sie mit der Mutter/den Eltern über deren Vorstellungen, die sie bisher zur Geburt hatten. Vielleicht lässt sich das ein oder andere dennoch umsetzen, z. B. wer soll bei der Geburt dabei sein? Wer soll das Kind nach der Geburt sehen?
  • Geben Sie den Eltern vor allem Zeit und Raum, ihren eigenen Weg zu finden. Je mehr Entscheidungsspielraum sie bekommen, umso besser. Denn jede noch so kleine Entscheidung, die sie selbst treffen können, bringt die Eltern aus der Schockstarre wieder in die Handlungsfähigkeit!
  • Bestätigen Sie die Mutter/Eltern in ihrem Mutter- bzw. Vater-Sein.
  • Muten Sie den betroffenen Eltern ihr Schicksal zu und bestärken Sie die gebärende Frau, ihre (biologischen) Ressourcen zu nutzen. Die Geburt ist ein wichtiger Teil der gemeinsamen Geschichte der Mutter mit ihrem Kind, etwas wo sie ganz aktiv Mutter ist!
  • Erklären Sie den Eltern den Ablauf rund um die Geburt, wo auch immer diese stattfinden wird.
  • Bitte bedenken Sie, dass der Einsatz von schmerzlindernden Medikamenten/PDA nicht immer hilfreich ist, um der gebärenden Frau „etwas zu ersparen“. Für manche Frauen kann es heilsam sein, mit dem Geburtsschmerz auch die seelischen Schmerzen „herauszuschreien“ und so bereits ein wenig zu verarbeiten.
  • Der begleitende Elternteil hat evtl. noch keinen Geburtsvorbereitungskurs besucht. Erklären Sie ihm/ihr, wie die Gebärende unterstützt werden kann.
  • Bieten Sie der Begleitperson selbstverständlich an, das Kind abzunabeln.

Nottaufe/Segnung in die Wege leiten

Fragen Sie die Eltern frühzeitig, ob sie eine (Not-) Taufe oder Segnung ihres Kindes wünschen. Das gilt auch nach einem Schwangerschaftsabbruch. Informieren Sie dazu die Krankenhausseelsorge oder eine geeignete Person.

Erinnerungen schaffen

Das Schaffen von greifbaren Erinnerungen ist für ein liebevolles und bewusstes Begrüßen und Verabschieden des Kindes unendlich wichtig. Dazu gehören neben Hand- und Fußabdrücken vielleicht auch eine Haarsträhne (bitte vorher fragen!), eine Karte mit Namen und Geburtsdaten sowie würdevolle Bilder. Weisen Sie die Eltern auf die Initiative dein.sternenkind.eu hin. Möchten die Eltern das Angebot nutzen, Fotos von und mit ihrem Kind von speziell geschulten, ehrenamtlichen Fotograf*innen zu bekommen? Dann können Sie oder die Eltern selber diese unkompliziert und kurzfristig anfordern.

Wenn Sie selbst Bilder machen, nehmen Sie sich Zeit dafür. Achten Sie auf eine ansprechende Unterlage (kein OP-Tuch, Einmalunterlage), bedecken Sie das Kind teilweise bei einigen Fotos, legen Sie eine Blume, ein Kuscheltier oder ein Erinnerungsstück neben das Kind und fotografieren Sie verschiedene Positionen. Fragen Sie auch bewusst die Eltern, ob diese Fotos zusammen mit ihrem verstorbenen Kind und/oder den Geschwistern möchten.

Personal/Visite

Hilfreich wäre in der Begleitung möglichst wenig Personalwechsel. Besuchen Sie die Eltern, wenn möglich, nach der Geburt am nächsten Tag auf der Station. Haben Sie keine Angst vor der Visite, die Eltern sind dankbar! Planen Sie Zeit dafür ein.